"Die Glocken rufen zum Gottesdienst und zum Gebet“, so lautet die Kirchenordnung unserer Kirche. Das Läuten der Glocken ist Teil der Liturgie, Verkündigung und Gebetsruf seit undenklicher Zeit. (*1)
In einer Läuteordnung ist durch das Presbyterium festgelegt, zu welchem Anlass welche Glocke geläutet wird. Dies geschieht in Götterswickerhamm zu den Gottesdiensten, Trauungen und Beerdigungen, beim Vater Unser, sowie zu den Tageszeiten 7:00 Uhr, 12:00 Uhr und 18:00 Uhr. Das Läuten zu den Tageszeiten ist angelehnt an die Jahrhunderte alten klösterlichen Gebetszeiten. Darüber hinaus gibt es in Götterswickerhamm das so genannte "Überläuten“, bei dem von 11.40 -11.55 Uhr zwei Glocken geläutet werden, wenn jemand verstorben ist. Auch dieses Läuten ruft zum Gebet, zur Fürbitte für den Toten und die Angehörigen. Schaut man auf die Geschichte der Glocken einer Kirche, so spiegelt sich darin auch die Geschichte des Ortes und seiner Kirche wieder (*2). So ist es auch mit den Glocken der Ev. Kirche Götterswickerhamm:
Die e´Glocke von 1642:
Im Jahr 1586 wurde die Kirche durch spanische Truppen verwüstet und die Glocken zerstört. Es dauerte über 50 Jahre, bis die Kirchengemeinde 1642 wieder einen Glockenguss in Auftrag geben konnte. Ausführlich wird dieser Glockenguss in einer Chronik der Kirchengemeinde aus dem Jahr 1899 von Pfarrer Lenßen beschrieben, der eine Rechnung über den Glockenguss zur Grundlage seiner Beschreibung nahm:
„Ein Friedenswerk mitten im Krieg:
Im Jahre 1642 fand in der Gemeinde ein Ereignis statt, dessen man als eines schönen, edlen Friedenswerkes umso lieber gedenkt, als der dreißigjährige Krieg im Lande wütete: die Gießungeiner neuen Glocke. … Bei der Verwüstung der Kirche (1586) waren auch die Glocken zerstört worden. Nach langer … Leidenszeit raffte die Gemeinde sich endlich auf, eine neue Glocke gießen zu lassen, und die Art und Weise wie das Werk ausgeführt wurde, lässt uns mit ehrendem Dank der Liebe und der Kraft unserer Väter gedenken, welche unter den Drangsalen und Gräueln des dreißigjährigen Krieges Freudigkeit zu solchem Friedenswerk fanden. Es befindet sich im Kirchen-Archiv eine höchst wertvolle Rechnung aus dem Jahre 1642, welche eingehend darüber Nachricht gibt, „was bei der Vergießung der neuen Glocke empfangen und hingegen ausgegeben worden“. Aus dieser Rechnung ist die folgende Schilderung über den Hergang des Glockengusses entnommen worden.
Bemerkenswert ist zunächst, daß der Guß der Glocke im Gebiet der Gemeinde selbst stattfand, und zwar aller Wahrscheinlichkeit nach im Kirchengebäude. Zum Schmelzen der alten Glocke wurden 4 Fuder Holz gekauft, und dieses Holz wurde in die Kirche getragen. In allen Häusern der Gemeinde wurden Gaben zur Bestreitung der Unkosten gesammelt. Alle Gemeindeglieder haben sich daran beteiligt, Söhne und Töchter, Knechte und Mägde haben ihre Gaben beigesteuert, auch der „Varckensjungh“ (Schweinehirt) fehlte nicht. … Die „Vergießung“ der Glocke wurde an zwei lothringische Meister verdungen: Antonius und Johannes de la Paye; dieselben erhielten dafür … 125 Thaler. Zur Herstellung der Glockenform wurden gekauft: 10 Pfund Kuhhaare, 5 Pfund Wachs, 6 Pfund vom besten Flachs, 10 Pfund „Ungel“ (Talg), 9 Pfund Hanf, 1 Pfund spanische Seife, außerdem 2 Paar Handschuhe für die Glockengießer, „sagten, dass ihnen dieselben gebührten“. Ein Maurermeister machte den Schmelzofen, woran er 9 Tage arbeitete. Zum Schmelzen der Glocke wurde als Metall zunächst verwandt: die alte Glocke, welche aus dem Turm genommen wurde. Von den Leuten, welche dies ausführten, wurden verzehrt „10 Fahnen Bier“, jedes zu 6 Stüber. Außerdem wurden als Glockenmaterial gekauft: 200 Pfund rotes Kupfer für 80 Thaler, 10 Pfund feiner Zinn für 30 Thaler, 10 Stüber, zu diesem Kauf wurden die beiden Glockengießer zugezogen, 1 kupferner Kessel, 126 Pfund schwer, für 30 Thaler, 12 Stüber. Als die Glocke fertig gegossen war haben „damals bei Bartholdt 30 Personen Mahlzeit gehalten, jeder zu 10 Stüber“, wobei „26 Fahnen Bier vertrunken worden“. Dann wurde die Glocke „aus der Erde gegraben“ und „wieder in den Turm gewunden“ und aufgehangen. (*3)
Die 900 kg schwere Glocke trägt auf Latein die Inschrift: „Psalm 150 lobet den Herrn mit Cymbeln, lobet ihn mit wohlklingenden Cymbeln. Im Mai 1642 haben der Richter Martin Wilich, der Pastor Thomas Hachellius, die Kirchmeister Johann Scholte und Adolph Frericks mich gemacht.“ Diese älteste erhaltene Glocke läutete Heilig Abend 1642 zum ersten Mal.
Im 2. Weltkrieg wurde die Glocke 1940 beschlagnahmt „im Interesse der Sicherstellung einer genügend großen Metallreserve.“ 4 Annlässlich der Beschlagnahmung wurde vom Oberkirchenrat in Berlin-Charlottenburg durch das Ev. Konsistorium der Rheinprovinz in Düsseldorf eine Glockenopferfeier angeordnet. Die genaue Liturgie, Länge und Inhalt der Ansprache sind in der Anordnung ausgearbeitet. Unter anderem ist dort zu lesen, „daß es für unsere Gemeinden eine selbstverständliche Ehrenpflicht ist, dieses Opfer zu bringen, wenn Führer, Volk und Vaterland es brauchen. … Grundklang der Feier soll die Bereitschaft sein, für den Sieg der deutschen Waffen jedes Opfer freudig zu bringen.“ 5 Diese Anordnung spiegelt das vorherrschende Denken dieser Zeit auch in kirchlichen Kreisen wider.
Die Glocke wurde glücklicherweise nicht eingeschmolzen. Unterlagen im Kirchenarchiv zeigen den aufwändigen Schriftverkehr nach dem Krieg von Pastor Petri mit verschiedenen Ämtern, um sie wieder aufzufinden. Dies wurde dadurch erschwert, dass das Glockenlager Hettstedt in Sachsen-Anhalt, in dem die Glocke gefunden wurde, in der russisch besetzten Zone lag, und entsprechende Briefe übersetzt werden mussten. Nachdem der Glockenstuhl und der Turm notdürftig repariert worden waren, konnte die Glocke 1949 wieder aufgehängt werden.
Die g´Glocke von 1925:
Auch die zweite Glocke spiegelt die Geschichte von Krieg und Zerstörung. Sie wurde 1925 gegossen und ersetzte eine Glocke von 1723, die im ersten Weltkrieg beschlagnahmt und eingeschmolzen wurde. Sie ist 650 kg schwer und trägt die Inschriften: "geopfert 1917 - gegossen 1925 / Ach bleib mit deiner Treue bei uns, mein Herr und Gott; Beständigkeit verleihe, hilf uns aus aller Not“, und auf der Gegenseite: "O Land , o Land, höre des Herrn Wort, Jer. 22,29“ und "Betet ohne Unterlass, 1. Tess. 5,17.“ Diese Glocke ist mit der Turmuhr verbunden und verkündet die Zeit zu jeder vollen und halben Stunde.
Die a´Glocke von 1959:
Die dritte Glocke erinnert an den Wiederaufbau der Kirche 1834. Ihr Guss erfolgte 1959 aus Anlass der 125 Jahrfeier des Umbaus durch Karl Friedrich Schinkel. Sie wurde bei dem Festgottesdienst dieses Jubiläums zum ersten Mal geläutet. Die 400 kg schwere Glocke trägt die Inschrift: „1959 Evang. Kirchengemeinde Götterswickerhamm / Kyrie eleison (Herr erbarme dich)“.
*1 Neumann/ Rösener, Kirchenpädagogik, Gütersloh 2003, S.31
*2 wie 1, S.32
*3 Chronik der Ev. Kirchengemeinde Götterswickerhamm, Pfarrer Lenßen 1899, Kirchenarviv, S. 73-75
*4 Brief Ev. Konsitorium der Rheinprovinz, Düsseldorf, den 11.Mai 1940, Kirchenarchiv
*5 wie 4, siehe auch Abb. Der Brief ist ein aufschlussreiches Zeugnis dieser Zeit
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